Kurzgeschichte: Auf dem Dach

Triggerwarnung: Depressionen, Suizid, Psychiatrie

Stephanie und ich kannten uns nun schon seit ein paar Wochen. Sie liegt nur ein paar Zimmer weiter. So wie ich mitbekommen habe leidet sie unter paranoider Schizophrenie, die sie aber mit Medikamenten unter Kontrolle hat und heftigen Depressionen mit suizidalem Verhalten.

Ich hielt Stephanie für die einzig normale Person in der gesamten Klinik. Bei vielen Dingen waren wir auf der gleichen Wellenlänge und taten, was Freundinnen so machten. Wir färbten uns gegenseitig die Haare bunt, lästerten über die Kerle und manchmal schliefen wir kuschelnd vor dem Fernseher ein.

Aktuell waren wir beide recht stabil. In den letzten zwei Wochen musste sie nur zweimal, ich einmal in das Beruhigungszimmer, wie sie es bezeichnen. Beruhigungszimmer. Eigentlich sollten sie es Folterkammer nennen. Du bist dort für Stunden völlig allein, ohne Ablenkungsmöglichkeiten, nur mit dir selbst und deinen schreienden Gedanken. Irgendwann erbarmte sich eine Ärztin und drückte uns ein paar Tavor ein und ließ uns raus.

Dieser eine Abend war etwas besonderes. Das spürte ich von Anfang an. Stephanie und ich hatten einen guten Tag. Wir färbten mal wieder die Haare. Sie wollte Lila, weil das meine Lieblingsfarbe ist. Ich bekam Pink von ihr. Als wir fertig waren, schauten wir gemeinsam in den Spiegel.

„Du bist wunderschön“, sagte sie leise.

Für eine Sekunde war ich baff. Das war nicht das typische Kompliment, was sich Mädchen gegenseitig machen. Dieser Satz kam aus ihrem Inneren, war ehrlich und ließ mein Herz in den Bauch rutschen.

„Du auch“, stammelte ich.

Wir lächelten uns über den Spiegel an und bewunderten unsere Mähne. Der Gong läutete, das hieß Abendessenzeit, Medikamente und noch ein bisschen Fernsehen, bevor es ins Bett ging. Ich war zufrieden mit dem Tag – kein Zusammenbruch, keine negativen Gedanken. Auch das Abendessen ekelte mich diesmal nicht an. Selbst Stephanie aß, wie ich sie noch nie gesehen habe. Sie genoss jeden Bissen, zelebrierte sie sogar ein bisschen.

Irgendwann nahm sie einfach meine Hand und streichelte sie. Es fühlte sich anders an. Wir hatten schon oft Händchen gehalten, aber dieses mal … irgendetwas war da und ich konnte nicht beschreiben, was es war. Sie erforschte mit ihren Fingern meine Hand, strich über jeden Zentimeter und ich spürte in Kribbeln in mir.

„Komm mit“, sagte Stephanie plötzlich. Wir standen auf und gingen aus den Raum. Okay, sie zog mich mit, weil ich nicht wusste, wohin wir gehen werden. Die Türen standen offen. Das taten sie noch nie. Also gingen wir in den großen Flur, dann ins Treppenhaus, dann auf das Dach.

Es wurde schon dunkel, wolkenlos und man sah schon die ersten Sterne. Ein leichter Wind brachte warme Luft aus dem Süden. Es fühlte sich befreiend an. Klar, wir waren schon öfter hier oben, in der sogenannten Klinikfreizeit. Und auch, wenn alles umzäunt war, haben wir den Zaun heute nicht gesehen. Wir waren frei.

Lange lagen wir auf den Boden. Stephanie hat nie meine Hand losgelassen. Irgendwas war los, aber ich wusste es nicht. Viel redeten wir auch nicht, sondern genossen einfach den Moment. Dieser Abend gehört uns.

„Sind sie nicht schön?“, fragte sie plötzlich.“Was meinst du?“
„Die Sterne. Sie funkeln so friedlich.“
„Das tun sie.“
„Ich wünschte ich könnte zu ihnen reisen, sie berühren“, sagte sie ein bisschen wehmütig.
„Eigentlich tust du das schon.“
„Was meinst du?“
„Sterne senden Photonen aus. Das ist das Licht, was du siehst. Ohne Photonen wären wir blind, weil sie mit deiner Netzhaut im Auge reagieren und somit die Bilder in deinem Kopf entstehen lassen. Und die Sterne da oben, haben alle Photonen ausgesendet, sind Jahre unterwegs und diese treffen nun auf dein Auge. Eigentlich berührt dich gerade der Stern da oben.“
„Wow.“

Wir schwiegen weiter. Ihr Griff um meine Hand wurde fester. Sie kam näher und irgendwann nahm ich sie einfach in den Arm. Sie weinte leise, so dass ich es kaum merkte.

„Wird es irgendwann aufhören?“, fragte sie.
„Was?“
„Dass es weh tut.“
„Nein“ und fügte nach kurzer Zeit hinzu „aber es wird leichter.“
„Und wenn nicht?“
Eigentlich wollte ich ‚keine Ahnung‘ sagen, weil ich es selbst nicht weiß. Aber ich wusste, dass sie jetzt eine andere Antwort brauchte.
„Wir schaffen das. Gemeinsam.“

Ihre Umarmung wurde fester und ihr Gesicht war nun ganz nah an meiner Wange. Ich hörte sie atmen.

„Ich liebe dich“, hauchte sie.

Das war echt. Es saß. Es traf mich wie ein Schlag. Mein Herz raste.

„Ich liebe dich auch“, antwortete ich leise.

Und das tat ich.

Wir küssten uns. Es war einer dieser Momente, in der die Welt für einen Augenblick still stand, ein Moment voller Liebe, Glück und Freude, ein Moment für den es sich zu leben lohnt.

Stephanie kam nicht zum Frühstück. Hektik brach aus. Die Pflegerinnen brachen über mich hinein und schrien mich an. Ich wusste sofort was los ist. Das gestern war ihr Abschied. Ich werde sie immer lieben.

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#WordCamp Organizers: T-Shirts have no gender!

Disclaimer: This short post is in english because the audience might be a bit bigger regarding this topic. Also this post is about the t-shirt situation at WordCamps. There are many more issues with clothing in general but I only want to rise awareness for the community around WordPress – the community which I am part of.

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This is a screenshot of the booking page for the tickets of the upcoming WordCamp 2018 in Nijmegen. It’s an example for a very confusing way to describe the cuttings of T-Shirts. Do the T-Shirts identify themself as female? As male? How where they assigned? What is the difference between them?

And that’s the problem. A shirt is an object. Objects in general don’t have a gender. The best way to describe the cutting of shirts is to describe the cutting itself: Is it waisted, or is it straight?

It’s simple: There are men who wear waisted shirts. There are women who wear straight shirts and vice versa. So please: Change it!

(Also a size chart would be good. And shirts larger than 2XL would be great.)

[Update] WordCamp „Roots“

Dieses Jahr gab es ja schon einige Kracher in der WordPress-Community: das großartige WordCamp Retreat in Soltau und das WordCamp Europe in Belgrad (bei welchem ich leider nicht dabei war). Bei Letzterem wurde unter anderem bekannt gegeben, dass das nächste WordCamp Europe in Berlin 2019 statt finden wird. Eine ziemlich große Sache, welche zumindest in der deutschen Szene kaum Platz bietet, andere Camps zu organisieren, da wohl die meiste Kraft dort investiert wird – zu Recht.

Aus der Community hatte ich von ein paar wenigen Stellen gehört, dass man vielleicht auch mal wieder kleinere Camps organisieren könnte, so ala ein Tag, ein Track, 50 Leute, Beamer, Kaffeemaschine, fertig. Ich finde diese Idee sympathisch, könnte so ein kleines Camp die Lücke zwischen den größeren Camps und den Meetups füllen.

Dieses „Back To The Roots“-Format ist in Relation zu Standard-Camps, dem Europe-Camp und dem Retreat relativ einfach zu organisieren. Da hier aber die Zielgruppe recht klein ist, wäre ein Invest von Swag, Sponsoring etc. für nur ein Event zwar zu groß, als dass es sich lohnt, eventuell könnte man das lösen und den Aufwand verkleinern, wenn es eine kleine Tour von vielleicht vier Root-Camps geben würde: Norden, Süden, Osten und Westen. Die Verwaltung, Swag, Tickets und das alles könnte zentral erfolgen, um die Räumlichkeiten und lokale Volunteers könnten sich die lokale Meetup-Gruppen kümmern.

Meiner Meinung nach auf jeden Fall eine Idee, über die wir diskutieren könnten. Was meint ihr?

[Update] Da für 2019 schon zwei Camps in Osnabrück und Stuttgart in konkreter Planung sind, wäre dieses Roots-Thema ein eventuelles Thema für 2020, denn da wird es auch wieder etwas großes für die deutsche Community geben ;-)

#WCRetreat – Die Zukunft muss sozial werden

Nachdem nun das erste Retreat ein kleines bisschen Geschichte innerhalb der Community geschrieben hat, muss natürlich auch die Aufarbeitung folgen – vor allem mit den negativen Aspekten. Letztendlich gibt es nur einen negativen Punkt, welcher aber ziemlich Gewicht hat: Geld.

Ich habe das Glück wahnsinnig privilegiert zu sein. Den ganzen Trip (bis auf die Spesen) bezahlt mir meine Firma. Insgesamt sind das folgende Kosten:

  • Hotel: 342,60 €
  • Benzin: 128,69 €
  • Gesamt: 471,29 €

Das ist ziemlich heftig für ein Community-Kuscheln. Aber genau dieses Community-Kuscheln ist für viele von uns wichtig. Die Reaktionen zeigen ganz klar, dass die geschaffenen Verbindungen uns Kraft geben, zusammen bringen und gegenseitig motivieren. Wir passen wohl mehr aufeinander auf und wissen letztendlich besser, mit wem wir eigentlich so immer schreiben oder zusammenarbeiten.

Nicht alle haben Privilegien. Manche Personen haben nur 416€ im Monat zur Verfügung (nicht wirklich, aber das ist ein anderes Papier der Ungerechtigkeiten). So viel Geld haben nicht alle. Aber letztendlich ist die Contribution von diesen Menschen abhängig und wir müssen das nicht nur anerkennen, sondern grundsätzlich auch dafür Sorgen, dass wir alle versuchen auf das nächste Retreat zu bekommen – auch die, die es sich nicht leisten können.

Was können wir also tun?

Viel. Sehr viel.

Yoast hat einen Diversity Fund. Dafür müssen wir Werbung innerhalb der Szene machen. 25k€ sind ordentlich. Yoast gehört auch ordentlich geliebt dafür. Andere Firmen könnten da nachziehen und auch einen Fund einrichten. Müssen ja nicht 25k€ sein, sondern vielleicht gezielte Kontaktformulare, wo sich Leute hinwenden und fragen können.

Die Sponsoren-Situation wird sich wahrscheinlich in Zukunft ändern, denn ich denke, dass das Retreat angenommen werden wird und es einfacher wird da Gelder zu akquirieren. Vielleicht sollten aber zusätzlich zu den Geldern noch Diversity- oder Social-Tickets gesponsert werden, welche die Kosten, wie Anfahrt und Hotel übernehmen.

Eventuell können wir auch mit der Foundation reden und schauen, was da geht.

Vielleicht wäre es auch möglich, dass wir eine Option beim Ticketkauf bieten, dass die, die können eine Patenschaft übernehmen und das Ticket inkl. Anfahrt und Hotel (je nachdem) einfach mit kaufen.

Wir sollten auf jeden Fall bis zur Organisation des nächsten WordCamp Retreats darüber reden und Modelle in den anderen WordCamps testen.

#WCRetreat 2018 – Recap

Ein paar von euch haben es vielleicht mitbekommen, dass ich dieses Jahr beim WordCamp Retreat 2018 in Soltau dabei war. Für mich war dieses Camp das zweite seit meinem Wiedereinstieg in die Community. Vor etwa 2,5 Jahren habe ich mich zurück gezogen. Ich hatte einfach zu viel gemacht: Community, Plugins, Themes, Core, Meetups, Camps und und und. Seit dem hatte ich nicht mehr wirklich was mit der Community zu tun, sondern war einfach Nutznießerin von WordPress.

Letztes Jahr wollte ich jedoch mit einem wichtigen Thema wieder Platz in der Community finden – Mental Health. Dieser ganze Themenkomplex rund um seelische Gesundheit, Burnout, Depressionen ist für mich aus persönlichen Gründen recht wichtig geworden und ich möchte (fernab von Esoterik) die Community sensibilisieren. Deshalb hatte ich zusammen mit Birgit in Köln 2017 das Thema Mental Health platziert und die Community hat es dankend angekommen – so sehr, dass wir uns entschlossen haben dieses Thema 2018 in Soltau wieder aufzugreifen. Dazu aber an anderer Stelle (und später) mehr.

Nun, dieses Camp war für mich das erste Camp seit meinem Outing als trans Frau. Und weil ich nicht still sitzen kann, während andere arbeiten, hatte ich mich auch noch als Volunteer beworben. Eingesetzt wurde ich dann am Empfang am ersten Tag, sodass alle Besucher*Innen direkt mit mir konfrontiert werden. Anfangs war ich extrem ängstlich, ob das alles so eine gute Idee ist. Aber die Orga (insbesondere Carole) hat mir immer den Rücken gestärkt, sodass die Angst mehr und mehr wich. Vielleicht ist es sogar ganz gut, dass ich das so mache, damit ich vielleicht anderen trans Menschen zeige: Hey, uns gibt es auch, wir sind valide, wir tun Dinge, wir sind überall und wir sind füreinander da.

Und genau das ist auch mein Fazit vom Retreat: Wir sind füreinander da. Ich hatte selten so ein gutes Gefühl von Zusammenhalt und Inklusion innerhalb einer Community, wie auf dem Retreat. Als Mitglied des Awareness-Team kann ich das auch in Zahlen ausdrücken: Wir hatten bis auf eine Sache nichts zu tun. Es hielten sich alle an den Code Of Conduct.

Letztendlich war ich auf keiner Session oder Workshop bei diesem Camp. Grundsätzlich liegt das eher daran, dass ich zum einen durch die Volunteer-Geschichte entweder keine Zeit hatte, oder durch meinen eigenen Workshop (Jamsession und Mental Health) doch anders eingespannt gewesen bin. Das ist mir aber auch nicht wirklich wichtig, denn durch das großartige Team um WordPress.tv kann ich die meisten Sachen online nachsehen. Viel wichtiger für mich waren die Vernetzungen innerhalb der Community auf menschlicher und auf fachlicher Ebene.

So gab es Unterhaltungen zu Sprachen (keine Coding-Sprachen, diese Sachen, die man halt spricht), philosophische Gespräche über das Universum und fachliche Diskussionen über Gutenberg und Automatisierung. Und genau darum ging es grundsätzlich beim Retreat – Vernetzung, beisammen sein und das fernab vom WordPress-Kontext.

Für mich lief es also sehr gut: Wir trans Menschen sind sichtbar, wir sind in der Community nicht nur akzeptiert, sondern auch mehr als willkommen, die Arbeit mit der Community macht mir wieder Spass und ich habe dadurch neue Kraft und Lust gewonnen, mein mir wichtiges Thema zu platzieren. Ich muss nur aufpassen, dass ich nicht wieder zu viel mache.

Was bleibt zu sagen? Danke. Danke an die Orga, danke an die Volunteers, danke an die Speakerinnen, danke an die Teilnehmenden, danke an das großartige Hotel (fick ja, war das gut da!) und natürlich deren Personal. Mir hat es an nichts gefehlt und selbst nachdem sie meinen Ausweis gesehen haben (weil wegen Bürokratie), haben sie mich nicht misgendered. Ich werde beim nächsten Retreat auf jeden Fall wieder dabei sein.

Ansonsten steht ja das Camp in Würzburg an bei dem ich aus zeitlichen Gründen leider nicht dabei sein kann. Ich würde mich aber freuen, wenn ihr das Thema Mental Health wieder auf die Agenda setzt. Mein nächstes WordCamp wird dann in Nijmegen sein, bei dem ich hoffentlich als Speakerin akzeptiert werde. Schauen wir mal.

Joy and sorrow

„Currently there is too much pain. I can’t handle it. I saw myself how I could look after all the HRT and surgeries … and I want to be there. Right now. I saw this feminized face, without all the manly flaws. The soft chin, the small nose, the opened up eyes,“ I said. „And then … I look in the mirror. And it hurts so much.“

I show her a picture of what I saw.

„I want to be there.“

„But you already are. The mirror just needs to catch up. Reality is slow. But if you look closely you will see your eyes are right there now,“ she said.

Tears of joy and sorrow are surging my face.

Umarme mich und lass mich nie wieder los …

Tiggerwarnung: Depressionen, Angst, Minderwertigkeitskomplexe

Ich glaube, ich habe den Grund für meine aktuelle depressive Episode herausgefunden. Gerade läuft es in meinem Leben einfach super. Meine Ehe ist stabil und wir verstehen uns sehr gut – wir unternehmen viel miteinander, erleben viel, reden viel miteinander. Auf der Arbeit könnte es auch nicht besser laufen. Ich bin sehr gut ins Team integriert und meine Expertise wird auch wirklich genutzt. Und gerade baut sich eine Freundschaft auf, die mir so gut tut. So richtig gut. Ich werde nicht nur akzeptiert, so wie ich bin, sondern auch noch gemocht. Und das bilde ich mir nicht nur ein, sondern das ist auch wirklich so. Und ich werde mir zusätzlich so nach und nach auch mit der Geschlechterfrage klar.

Und wahrscheinlich ist genau das mein Problem. Zum einen habe ich die automatischen Gedanken, dass ich das alles gar nicht verdiene. Warum sollte man mich nach meiner Meinung fragen? Warum sollte mich jemand mögen? Warum sollte jemand mit mir Zeit verbringen wollen? Warum sollte ich es verdienen, dass mir so viele tolle Dinge passieren? Der klassische Minderwertigkeitskomplex.

Das andere ist, dass ich tierische Angst habe das alles wieder zu verlieren. Ständig denke ich drüber nach, was ich falsch machen könnte oder etwas falsches sage. Dieses Overthinking geht soweit, dass ich wieder beschissen schlafe. So richtig beschissen. Außerdem traue ich mich nicht mehr so richtig die Dinge zu tun, auf die ich Lust habe.

Ich bin süchtig nach dem High der Akzeptanz und des Gemochtwerdens. Diese Sehnsucht nach der Umarmung, die nie aufhört, macht mich wahnsinnig, egal, ob physisch oder in asynchroner Kommunikation. Die letzten paar Tage haben so viele Gefühle in mir wach gerüttelt, die ich gar nicht wirklich verarbeiten kann, weil ich ebendiese seit Jahren nicht mehr wirklich hatte. (Selbst bei den Zeilen habe ich Angst, dass es Unfair gegenüber meine Frau klingt. Aber das ist Quatsch, weil ich denke, dass das was anderes ist. Ich kann es aber nicht erklären -.-#)

Ich hasse es. Ich will das nicht. Ich will nicht drüber nachdenken, ob Aktion A oder Satz B irgendwie bescheuert sind. Ich will nicht ständig diese Sucht der Bestätigung haben – egal von welcher Seite. Ich hab die Bestätigung. Nur will mein Kopf das irgendwie nicht war haben.

Meine Therapie hat mir kognitives Training beigebracht. Ich muss die automatischen Gedanken bekämpfen und mit etwas Positiven füllen. Vielleicht sollte ich mir einfach täglich sagen „Du bist es wert! Sie lieben dich! Sie brauchen dich! Du bist ein toller Mensch!„.

Vielleicht muss ich mich selbst umarmen und dabei nie wieder loslassen.

Über Suizid

Triggerwarnung: Suizid, Depressionen, Nervenzusammenbruch

Letztens hatte ich ein sehr intensives Gespräch über den Selbstmord an sich und das Verständis dahinter. Auslöser war, dass in der Kneipe, in der wir waren, ein paar Tracks von Linkin Park liefen. Der Suizid von Chester hatte meine Begleitung ebenso getroffen wie mich und die Songs erinnerten uns wieder daran.

Sich für den Freitod zu entscheiden ist weder leicht, noch denke ich, dass er feige ist. Es ist der letzte und leider auch endgültige Versuch frei zu sein, wenn zuvor alle Versuche etwas zu verbessern fehlgeschlagen sind und einfach alles zu viel geworden ist. Wer noch nie Depressionen hatte, wird es meiner Meinung nach schwer haben das irgendwie nachzuvollziehen.

Auch ich war suizidal. Das ist zum Glück schon eine Weile her und dank meiner Therapie konnte ich sehr viele Dinge verarbeiten und letztendlich bin ich froh darüber, dass ich diesen Schritt nie gegangen bin. Gänzlich weg sind die Gedanken an einen Freitod jedoch nie wirklich und vor allem in depressiven Episoden kommen solche Gefühle latent zum Vorschein.

Warum das so ist, ist bei jedem Menschen unterschiedlich. Bei mir war es so, dass die ständigen Probleme mit mir selbst mich in den Wahnsinn getrieben haben. Ständig hatte (und habe) ich Angst. Immer wieder überprüft die Stimme im Kopf, ob das alles valide ist, ob ich valide bin. Das ist anstrengend und vor allem in den Peaks eines Nervenkollers kaum auszuhalten, soweit, dass es richtig weh tut.

Diese Schmerzen und Gedanken hören nie wirklich auf. Ich habe gelernt irgendwie damit umzugehen und zu verarbeiten. Im Großen und Ganzen kann ich sagen, dass ich das zum Glück schaffe. Manchmal bin ich aber zu schwach dafür und breche zusammen.

Gestern hatte ich einen mittleren Nervenzusammenbruch, weil mich gerade sehr viel beschäftigt (dazu später vielleicht mehr). Auch da hatte ich die Gedanken „Ich will, dass es aufhört. Ich will keine Angst mehr haben. Ich will das nicht mehr.“ Das war alles, was ich wollte und auch will. Bei Menschen, die nicht das Glück haben, damit halbwegs klar zu kommen, nagt das natürlich. Man kann sich das vielleicht wie einen Fels im Meer vorstellen. Immer wieder wird der Fels umspült, es brechen kleinere Teile der Basis ab. Immer und immer wieder. Irgendwann bricht der Fels von der Basis und stürzt ins Meer.

Dieser Prozess dauert lang. Bei den einen länger, bei anderen kürzer. Irgendwann steht der Entschluss fest, dass man sich umbringen möchte – selten von heute auf morgen. Und der eigentliche Entschluss dazu tut weh. Aber in dem Moment willst du einfach nur, dass alle negativen Gedanken und die Schmerzen aufhören, damit du dich nicht mehr quälen musst. Du willst frei von all dem sein.

Es mag sein, dass es egoistisch klingen mag – vor allem, wenn du wie in Chesters Fall eine große Familie hast und viele Fans, die auf dich aufbauen. Jedoch muss man auch die Seite sehen, wie viel Schmerz dieser Mensch ausgehalten hat, um bis zu diesem Punkt zu kommen. Ich mag es mir nicht vorstellen können, kann es aber nachvollziehen.

(Macht euch keine Sorgen, ich bin nicht suizidal und habe auch nicht vor mir das Leben zu nehmen. Das hier sind nur meine Gedanken darüber.)

Was ein krasses Jahr

Nun, eigentlich ist es viel zu lange her, dass ich gebloggt habe – das ist zumindest für mich okay, weil ich mir wegen dem Blog keinen Druck mehr machen wollte. Das hat funktioniert. Ich habe nur dann etwas geschrieben, wenn ich wirklich was schreiben wollte. Und das war genau richtig, um mich auf die wesentlichen Dinge zu konzentrieren: Meine psychische Gesundheit.

Die neue Arbeit

2017 war für mich ein Jahr mit sehr vielen Veränderungen. Ich habe seit Januar einen neuen Job als Programmierer/in in einem Verlagshaus gefunden, bei dem ich mit einem Team in Köln (und Hamburg) zusammenarbeite, welches großartig ist, zusammen hält und so offen ist, dass ich mich echt wohl fühle. Da laufen Leute mit T-Shirts rum, auf denen sowas wie „Gib Nazis Keine Chance“ oder „Homophobie? Nein Danke!“ steht. Die Kolleg*Innen sind sowieso durch die Bank genial (vor allem du, Anne <3).

Diese neue Arbeit war und ist einer der Grundpfeiler für meine psychische Gesundheit. Dabei habe ich mir ein paar neue Regeln für das Arbeiten gegeben, damit ich nie wieder in Burnout-Situationen komme – oder schlimmer. Zum Beispiel mache ich keine Überstunden mehr, oder ich lasse mich nicht all zu sehr stressen, wenn ich etwas nicht in der Zeit schaffe. „It’s done when it’s done.“ Das Kredo hat mir auf jeden Fall geholfen.

Es ist für mich echt krass, wie viel das für mich ausmacht. Klar, die leider zu Ende gegangene Therapie hat auch sehr viel damit zu tun (DANKE!), dass es mir besser geht. Dort konnte ich viele Techniken lernen, die mir helfen, das Ganze neu zu strukturieren. Ich habe so viel über mich gelernt, vor allem, was ich eigentlich alles kann.

Teilnahme am Leben

Und zwar kann ich Musik machen. Und das gar nicht mal so scheiße. Zum einen habe ich angefangen, mich mehr mit elektronischer Musik zu beschäftigen. Über mein alter Ego „E. Quellmalz“ kann man meinen Techno hören. Allein dadurch habe ich viele Dinge über Musik und Synthies gelernt, sodass ich so langsam anfange zu verstehen, wie analoge Synthies funktionieren. Irres Zeug.

Ansonsten habe ich endlich eine Band gefunden. Zusammen mit meinem großartigen Arbeitskollegen Dirk (<3) an der Klampfe und Philipp (<3) an den Drums machen wir unter dem Label „A Bunch Of Post Apocalyptic Space Turtles Are Going To An Imaginary Picnic Into A Rainbow Cave To Do Drugs And Talk About Death And Stuff“ machen wir Alternative Rock mit mir am Bass. Und ich muss sagen: Ich liebe dieses Instrument!

Nicht nur, dass mir diese Band wieder extrem viel Freude an Musik gebracht hat, ich habe dadurch neue Freunde gefunden. Freunde! Vor allem durch Dirk habe ich das Vertrauen wieder gefunden, dass es Menschen gibt, die mit mir befreundet sein wollen. Das klingt für Außenstehende zwar normal, aber für mich als depressiven Menschen mit diversen Ängsten und Minderwertigkeitskomplexen ist das ein riesiger Schritt.

Zum Beispiel habe ich durch Dirk ein neues Hobby entdeckt: Kickern. Durch das Kickern kam ich in Kneipen und mit anderen Leuten in Kontakt. Und damit habe ich auch Menschen gefunden, die ich auch nicht mehr missen möchte (Jelle <3).

Laura? Laura!

Seit meinem Outing als genderfluid bei der Arbeit ist auch ein bisschen Zeit vergangen, bis ich mich das erste Mal wirklich getraut habe, als Laura ins Büro zu gehen. Es war ein irrer Befreiungsschlag. Ich habe mich selten so akzeptiert und wohl in meiner Haut gefühlt.

Und gestern (war der 29. Dezember) war ich das erste Mal außerhalb meiner Bubble als Laura unterwegs. Ich war shoppen und Scheiße, war das toll, all die Klamotten anprobieren zu können, die ich will. Klar hätte ich das auch vorher schon tun können, aber es hat sich nicht richtig angefühlt. Jetzt tut es das. Und es war so unglaublich toll. Ich hab das zwar nicht allein gemacht, aber hey, das ist ein mega Schritt für mich gewesen.

Nach dem Shoppen sind wir dann noch kickern gegangen – zwar an einem relativ gesicherten Ort (Limes, eine Punker-Kneipe in Köln), dennoch gab es so ein paar Sorgen. Aber es ging gut. Selbst die Kickertruppe hat mich sofort akzeptiert. Richtig toll war, dass wir uns über alltägliche Sachen unterhalten haben und ich nicht irgendwelche Fragen über Transgender oder Non-Binary-Krams beantworten musste. Small- und Nerd-Talk!

Aber eines der tollsten Gefühle in solchen Situationen ist „Laura“ gerufen zu werden. Oder als „Das ist meine Freundin Laura“ vorgestellt zu werden … #gaynessintensifies

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Bild von FYR

Aber eins ist klar: Ohne die krasse Unterstützung von Astrid hätte ich das alles nicht geschafft (und wohl auch nicht gemacht). Danke. So viel Danke.

Und das Negative?

Tja, klar bleibt das nicht aus. Aber entweder ist das, was nicht so gut lief, zu privat, oder ich motze auf Twitter genug darüber. Deshalb möchte ich hier gar nicht so sehr drauf eingehen. Kurz: Wir haben noch viel zu tun bzgl. Antifa- und LGTBIQA+Themen. Sehr viel.

Und 2018?

Ja, mal guggn, wa? Ich habe mir ein paar Dinge vorgenommen die keine riesigen Ziele sind. 2017 wollte ich mich finden. Da bin ich auf einem guten Weg und den Weg will ich 2018 weiter gehen. Zum Beispiel fange ich die Psychotherapie an, um endgültig festzustellen, ob ich transgender bin oder nicht (ich persönlich brauche ein Label). Auf jeden Fall werde ich unabhängig davon eine Laserepilation vornehmen lassen, damit dieser beschissene Bartschatten weggeht.

Ansonsten? Ich will auf Arbeit so weiter machen wie bisher – das Team stärken und uns so innerhalb vom Verlag positionieren, dass wir wirklich Dinge bewegen können und nicht nur Feuer löschen. Abgesehen davon will ich mich auf die Musik mit den Space Turtles konzentrieren. Wenn wir da bald einen Gesang bekommen, haben wir auf jeden Fall ein paar Gigs im neuen Jahr sicher. Auf die Bühne freue ich mich sehr.

Und ich will mehr mit meinen neuen Freunden unternehmen und die gute Zeit genießen.

(Und vielleicht nehme ich noch weiter ab … haha)

Thomas? Laura? Llama?

Okay. Ich bin noch lange nicht am Ende meiner geschlechtlichen Selbstidentifikation. Immerhin weiß ich schonmal, dass ich nicht Cis-Gender bin. Blöderweise weiß ich nun aber auch nicht, ob ich Transgender bin. Je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr merke ich, dass ich offenbar sowohl männlich, als auch weiblich bin.

Jedoch verschwimmt das immer wieder, weil dieses Gefühl „Heute bin ich männlich,“ oder „Heute bin ich weiblich“ relativ selten klar ist – vor allem nicht persistent. Die meiste Zeit über fühle ich aber ohne wirkliche Geschlechtszugehörigkeit – wobei mir da aber mein Basis-Geschlecht (männlich) tierisch auf den Sack geht.

Thomas. Das bin ich – mein männliches ich.

Laura. Das bin ich auch – mein weibliches ich.

Llama. Das bin ich überhaupt – meine eigentliche geschlechtslose Selbstidentifikation.

Wir alle mögen die gleichen Dinge, lieben die gleichen Menschen und sind im Grunde gleich – nur, dass wir unterschiedliche Geschlechter haben – wobei meistens letzteres überwiegt. Vielleicht bin ich also Demi-Gender-Fluid, oder wie man auch immer das nennen kann.

Zurück zum Basisgeschlecht: Das Problem ist, dass ich mich mit meinen angeborenen männlichen Geschlechtsorganen nicht wohl fühle. Wahrscheinlich ist auch, dass ich vielleicht gar keine weiblichen Geschlechtsorgane (die untenrum, Brüste wären schon cool) haben möchte – bzw. wäre es Spekulation, ob ich mich damit dann wohler fühlen würde. Immerhin ist das gefühlte Geschlecht unabhängig dem Krams, was zwischen den Beinen ist.

Tja. Was ich mit den Gedanken anfangen soll, weiß ich selbst noch nicht. Was mich daran fertig macht ist eher, dass ich mir selbst auferlege, dass ich mich festlegen muss. Was bescheuert ist. Es gibt ja genügend Beispiele für Genderfluidität oder Agender-Menschen. Vielleicht ist dieser innere Druck auch der gesellschaftliche Zwang alles irgendwie in Schubladen zu pressen – selbst in der LGBT-Community gibt es gegenüber genderqueeren Menschen vorbehalte.

Das macht alles noch ein bisschen komplizierter. Für mich selbst ist es einfach schwierig zu sagen, ob ich jetzt α oder ω bin. Wahrscheinlich ist, ich bin beides gleichzeitig und dann wieder doch nicht.

Euch mag das verwirren, aber fragt mich mal ;)